FORSCHUNG

„Oh, mein Gott! Meine Saison ist vorbei!“ COVID-19 und die Regulation der psychologischen Reaktion bei spanischen Hochleistungssportlern 

Die Coronavirus-Pandemie, eine noch nie dagewesene Situation der Unterbrechung der sportlichen Dynamik, zwingt die Welt des Sports eine Reihe von Anpassungen vorzunehmen, die notwendig sind, um weiter zu funktionieren. Athlet*innen stehen vor einer neuen Herausforderung, die viel verändert. Es besteht eine Quelle des Unbehagens und der Ungewissheit, die nicht nur den Sportkalender, sondern auch die Bahnen, die Verläufe und die Herangehensweise an das Sportleben ändern.

Die Studie von González-Hernández et al. (2021) befasst sich mit der Identifizierung der Ebenen der psychologischen Verwundbarkeit, die bei Athlet*innen aufgrund der Koexistenz mit dysfunktionalen Reaktionen (Angst, Stress, Depression) während der Corona-Pandemie entstanden sein könnten und die psychische Gesundheit negativ beeinflussen. Ziel der Autoren war demnach zu beschreiben, wie Sportler ihre kognitive und emotionale Reaktion auf die durch die Corona-Pandemie entstandene Situation wahrgenommen haben und mögliche Zusammenhänge herzustellen, inwiefern Belastungstoleranz eine psychologische Ressource ist, die vor emotionaler Verletzlichkeit schützt. Befragt wurden 284 spanische Sportler aus mehreren Sportarten, die einer Profiliga angehören oder an Olympischen Sommer- und Winterspielen teilnehmen.

Ergebnisse der Studie zeigten, dass die analysierten Athlet*innen ein hohes Maß an dysfunktionalen Reaktionen zeigen, wenn ihre Belastungstoleranz niedrig ist. Gleichzeitig sind Angst und Unsicherheit, die zu mehr negativen und katastrophalen Gedanken führen, umso größer, je jünger die Athlet*innen sind. Psychologische Ressourcen erfahrenerer Athlet*innen sind somit ein Garant für den Schutz vor Negativität und Katastrophismus und deuten darauf hin, dass sowohl das Alter als auch die Toleranz gegenüber Distress als adäquate Schutzfaktoren für psychische Vulnerabilität im Allgemeinen und für damit verbundene dysfunktionale Reaktionen im Besonderen gelten.

Quelle: González-Hernández J, López-Mora C, Yüce A, Nogueira-López A and Tovar-Gálvez MI (2021) “Oh, My God! My Season Is Over!” COVID-19 and Regulation of the Psychological Response in Spanish High-Performance Athletes. Front. Psychol. 12:622529. doi: 10.3389/fpsyg.2021.622529


Wie Leistungssportler*innen mit Depressionen umgehen

Klinisch relevante Symptome der psychischen Verfassung häufen sich im Alter von 16 bis 34 Jahren. Genau in dieser Zeitspanne erreichen viele Leistungssportler*innen ihre Höchstleistungen. Zusätzlich sind die Sportler*innen mit physischen und psychischen Stressoren konfrontiert, welche die Anfälligkeit für psychische Krankheiten noch erhöhen kann.

Aus diesem Grund befasst sich die Studie von Lebrun, MacNamara, Collins und Rodgers mit Bewältigungsstrategien von Leistungssportler*innen mit einer diagnostizierten Depression. Bewältigungsstrategien haben das Ziel, dem Individuum zu helfen mit verschiedenen Stressoren umzugehen. Meistens handelt es sich um Selbstregulationmechanismen, welche Kognitionen und Verhalten beinhalten. Sie sind für das Wohlbefinden und die sportliche Leistung unverzichtbar, weshalb Athleten*innen diese unbedingt entwickeln und einsetzen sollten.

An der Studie nahmen vier erfolgreiche oder ehemals erfolgreiche Leistungssportler*innen (1 Frau, 3 Männer, M = 33 Jahre, SD = 4.82) mit einer diagnostizierten psychischen Krankheit teil. Zwei Athleten*innen waren Einzelsportler*innen, zwei Teamsportler*innen. Die Daten der Studie basieren auf einem halbstrukturierten Interview, welches mit Hilfe von IPA (interpretative phänomenologische Analyse) ausgewertet wurde.

Heraus kam, dass die Leistungssportler*innen sich viele verschiedene Bewältigungsstrategien zu Nutze machten: Problem-, Emotions-, und Bewertungsstrategien und Vermeidung. Als besonders nützlich empfanden sie vor allem Reden, sich professionelle Hilfe suchen und soziale Unterstützung aus dem Umfeld.

Auffällig war, dass nur ein/e Athlet*in angab, ihre im Sport erlernten Bewältigungsstrategien auch auf andere Bereiche des Lebens anzuwenden, wie zum Beispiel auf ihre/seine psychische Krankheit. Daher empfehlen die Autoren, Sportler*innen dazu zu ermutigen, die gelernten Bewältigungsstrategien in allen Bereichen des Lebens anzuwenden, um besser mit Problemen fertig zu werden.

Quelle: Lebrun, F., Macnamara, Á., Collins, D. & Rodgers, S. (2019). Elite Athletes Coping With Depression. A Qualitative Study. Journal of Clinical Sport Psychology, 13 (3), 351–373.


Exzessives Sporttreiben

Das eigentlich gesunde Sport treiben kann in manchen Fällen sehr ungesund werden, wenn es zu einem exzessiven, unverhältnismäßigen Ausmaß kommt. Seit den späten 70er Jahren taucht im Zusammenhang mit gesundheitsschädlichen Sportverhalten immer wieder der Begriff „Sportsucht“ auf, welcher auf die Ähnlichkeit zu substanzbezogenen Störungen hinweist.

Zurzeit ist die Beweislage noch zu dürftig, um exzessives Sport treiben als süchtig machende Störung einordnen zu können. Aus diesem Grund war das Ziel der Meta-Analyse von Colledge, Cody, Buchner, Schmidt, Pühse, Gerber, Wiesbeck, Lang und Walter aus den bisher veröffentlichten Artikeln zu exzessivem Sport treiben eine Liste von Symptomen zu erstellen. Dafür wurden insgesamt 17 Studien ausgewertet und die identifizierten Symptome in sieben Kategorien unterteilt: Körper, Essen, negative Erfahrungen, positive Erfahrungen, Kontrolle, Entzugserscheinungen und andere Merkmale. Die herausgearbeiteten Symptome stellen für Betroffene eine psychische Belastung dar, welche Vergleichbar mit Kriterien für nicht substanzabhängige Störungen im DSM-5 sind. Vor allem zur Spielsucht wurden viele Gemeinsamkeiten gefunden. Die Analyse unterstützt zudem die These, dass exzessives Sport treiben mehr als ein Symptom einer Essstörung ist, auch wenn es häufig zu einem gemeinsamen Auftreten von beidem kommt. Da Betroffene nicht nur stark psychisch belastet sind, sondern exzessives Sport treiben auch negative Folgen für die physische Gesundheit hat, ist es umso wichtiger, weiter in diese Richtung zu forschen. Diagnostische Kriterien sind dabei ein wichtiger Schritt zur Erkennung und Behandlung von Betroffenen. Allerdings müssen diese auch sensibel genug sein, um nicht automatisch sehr motivierte- oder Leistungssportler*innen mit einzuschließen. Die Autoren wünschen sich daher, dass in zukünftigen Studien der Zusammenhang mit anderen psychischen Störungen analysiert wird, sowie genauere Interviewtechniken für das Schema exzessives Sport treiben eingeführt werden.

Quelle: College, F., Cody, R., Buchner, U. G., Schmidt, A., Pühse, U., Gerber, M., Wiesbeck, G., Lang, U. E. & Walter, M. (2020). Excessive Exercise. A Meta-Review. Frontiers in Psychiatry.


Studie: Wie sich Stress und mentale Stärke auf die psychische Gesundheit auswirken können

Durch eine hohe Trainingsbelastung, entscheidende Selektionsprozesse, Rollenkonflikte und biologische Veränderungen in der Pubertät werden Nachwuchs-ElitesportlerInnen täglich Stressoren ausgesetzt. Jedoch sind die Ressourcen jedes Menschen begrenzt und wenn die Bewältigungsmechanismen nicht ausreichend sind, dann kann das negative psychische Konsequenzen für das Individuum haben.

In der kürzlich veröffentlichten Studie von Gerber, Best, Meerstetter et al. wurde untersucht, wie sich Stress und mentale Stärke bei Nachwuchs-ElitesportlerInnen auf das psychische Wohlbefinden auswirken können. Die Forschungsfrage lautete, ob mentale Stärke einen positiven Effekt auf die Psyche hat, wenn man hohem Stress ausgesetzt ist.  Mentale Stärke ist ein Persönlichkeitskonstrukt, welches ein Individuum dazu verleitet, herausfordernde Situationen und Stressoren anzustreben und zu bewältigen oder auch mit Misserfolgen besser umzugehen.

An der Studie haben 257 Schweizer Nachwuchs-AthletenInnen teilgenommen (M = 16.82 Jahre, SD = 1.44, 36 % weiblich). Die Daten der Studie basieren auf verschiedenen Fragebögen, welche zu zwei Messzeitpunkten ermittelt wurden.

Anhand der Daten konnte man feststellen, dass ca. 10 % der teilnehmenden AthletenInnen Symptome von einem Burnout oder einer Depression aufweisen. Es zeigten sich positive Zusammenhänge zwischen dem Ausmaß an erlebtem Stress und den erfassten Symptomen für ein Burnout oder eine Depression. Des Weiteren zeigte sich, dass mental stärkere AthletenInnen in stressigen Situationen weniger psychische Probleme aufwiesen als mental schwächere.

Die Ergebnisse der Studie heben die Notwendigkeit hervor, dass junge AthletenInnen für das Thema Stress sensibilisiert werden müssen. Langfristig gesehen kann Stress zu psychischen Störungen und zu einem Ausstieg aus dem Leitsungssport führen. Die Daten haben gezeigt, dass sich mentale Stärke positiv auf die psychische Gesundheit auswirkt, wenn man hohem Stress ausgesetzt ist. Als präventive Maßnahmen sollten die AthletenInnen mental gestärkt werden, damit eine psychische Gesundheit, auch in einer belastenden Situation, gewährleistet werden kann.

Quelle: Gerber, M., Best, S., Meerstetter, F., Walter, M., Ludyga, S., Brand, S., … & Gustafsson, H. (2018). Effects of stress and mental toughness on burnout and depressive symptoms: A prospective study with young elite athletes. Journal of science and medicine in sport, 21(12), 1200-1205.


Unterstützung bei Sportverletzungen: die wichtige Rolle des Trainers

Verletzungen während der Karriere eines Athleten stellen nicht nur eine physische Herausforderung dar, sondern können auch erheblichen psychischen Stress verursachen. Athleten die in der Ausübung ihrer Leidenschaft eingeschränkt werden, leiden häufig unter sich im Verlauf der Rehabilitation verändernden Stressoren, die unterschiedliche Bewältigungsstrategien erfordern. Nicht immer kommen die Athleten mit der Situation zurecht: sie sind den Anforderungen nicht gewachsen und die eigenen Kompetenzen reichen nicht aus, um die stressvolle Situation optimal zu meistern. In dem Moment sind sie auf die Hilfe von anderen angewiesen. Allen voran Trainer können bei der Unterstützung von Athleten in einer Verletzungsphase eine entscheidende Rolle einnehmen.

Das von Theresa M. Bianco verfasste Buchkapitel „Sport Injury and the Need for Coach Support“ beschäftigt sich mit den Prozessen, welche die förderliche Unterstützung durch den Trainer ausmachen. Wie bereits erwähnt, muss der Athlet nach einer Verletzung nicht nur physische Probleme bewältigen, sondern sich auch mit anderen Themen auseinandersetzen. Zu diesen Themen zählen zum Beispiel kognitive Aspekte wie die Unsicherheit und Bedrohung der sportlichen Zukunft sowie die Angst, seinen Platz im Team zu verlieren. Das soziale Umfeld kann zusätzlichen Druck aufbauen oder auch dafür sorgen, dass sich der Athlet isoliert und einsam fühlt. Es kommt also eine Vielzahl an unterschiedlichsten Anforderungen auf den Athleten zu, welche verschiedene Reaktionen auslösen können. Die subjektive Bewertung der Situation führt nicht selten dazu, dass verletzte Athleten die Situation schlimmer einschätzen als sie tatsächlich ist. Ihre Gedanken sind oft überwiegend negativ, was eine Stressreaktion hervorruft. Vor allem Athleten mit einer ausgeprägten „athletischen Identität“, also eine starke Identifikation mit der Rolle als Athlet, weisen ein hohes Risiko auf, negative Gedanken und Emotionen zu entwickeln. Problematisch kann es aber auch werden, wenn Athleten ihre Motivation während der Rehabilitation verlieren. Dies führt zur Nicht-Einhaltung der rehabilitativen Maßnahmen, was den Genesungsprozess nur verlangsamt. Wenn Sportler einmal in diese negativ gerichtete Spirale gelangen, sinkt die Motivation weiter und weiter. Im Gegensatz dazu stehen Athleten die übermotiviert sind und durch extreme Maßnahmen ihre Genesung vorantreiben wollen aber damit nur das Gegenteil erreichen. Doch wie kann man nun als Trainer dagegen vorgehen? Wie kann man den Verlauf der Verletzungspause der eigenen Athleten positiv beeinflussen? Bianco unterscheidet drei Phasen, in den verschiedene Arten der Unterstützung im Vordergrund stehen:

  1. Direkt nach dem Auftreten der Verletzung stehen vor allem die Vermittlung von Empathie, die Beruhigung des Athleten und die Unterstützung mithilfe von guten Ratschlägen (bzgl. medizinischer Versorgung etc.) im Vordergrund.
  2. Während der Rehabilitationsphase ist es hilfreich den verletzten Athleten in das Training mit einzubeziehen, Fortschritte zu überwachen und positiv anzuerkennen sowie bei Rückschlägen zu beruhigen.
  3. Bei der Rückkehr in den Trainingsalltag sollte man dem Athleten Zeit lassen, die psychologische Blockade (Ängste) überwinden zu können. Gemeinsame Zielsetzung trägt zur Motivation bei.

In Abhängigkeit von Präferenzen und Neigungen des Sportlers sollte aber jede Art der Unterstützung individuell auf die Person zugeschnitten werden um ihre Wirksamkeit zu gewährleisten. Trainer müssen sich dessen bewusst sein, dass die subjektive Wahrnehmung und Interpretation der geleisteten Unterstützung  auf Seiten des Sportlers über die tatsächliche Wirkung entscheidet. Eine bereits vorhandene positive Trainer-Sportler-Beziehung fördert die Individualisierung und somit die Wirksamkeit. Außerdem fällt es dem Athleten leichter um Hilfe zu bitten, wenn ein Vertrauensverhältnis zum Trainer besteht, da dies oft eine Bedrohung des Selbstwerts als „starker“ Sportler darstellt. Laut Bianco führt die Beachtung der genannten Mechanismen zu einer Steigerung des Selbstwerts des Sportlers, die Erhöhung des Vertrauens in eine vollständige Heilung und eine positive Zukunft, sowie einem Anstieg des Selbstvertrauens.

Quelle: Bianco, T. (2007). Sport injury and the need for coach support. In D. Pargman (Ed.), Psychological bases of sport injuries (3rd ed., pp. 237–266). West Virginia: West Virginia University.

momentum & MentalGestärkt: Zusammenfassung von Gertjan Bongaerts, Psychologisches Institut, 2019


Profifußball – wenn Perfektionismus zum Problem wird

Die aktuelle Studie von Jensen, Ivarsson, Fallby et al., welche 2018 in der „Psychology of Sport and Exercise“  veröffentlicht wurde, belegt, dass psychische Gesundheit im Spitzensport einen wichtigen Stellenwert einnimmt.

Untersucht wurde bei der Studie unter anderem der Zusammenhang von Perfektionismus und Angst zu depressiven Symptomen bei dänischen und schwedischen männlichen Profi-Fußballspielern. Dabei wurden 323 Spieler (Alter M = 22.08 Jahre, SD = 5.15) der ersten Liga und der U19 Mannschaften befragt. Erwähnenswert ist hierbei die hohe Rücklaufquote der versendeten Fragebögen von rund 75%, was darauf schließen lässt, dass das Thema bei den Befragten auf großes Interesse stieß.

Bei 16,7 % der Teilnehmer, also bei fast jedem sechsten Spieler,  wiesen die Angaben Anzeichen von depressiven Symptomen auf. Zudem zeigte sich eine negative Korrelation zwischen Alter und Angst, sozialer Phobie und perfektionistischen Belangen. Depression war jedoch nicht signifikant korreliert mit dem Alter, obwohl Spieler der Juniorenmannschaften höhere Werte von Depression, Wettkampfangst und sozialer Phobie erreichten, als im Vergleich dazu die professionellen Spieler.

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein stärkeres Bewusstsein für psychische Gesundheit im Profisport und insbesondere im Fußball erforderlich ist. „Was viele Leistungssportler auszeichnet, ist der Perfektionismus“, sagt Anne-Marie Elbe, Professorin für Sportpsychologie an der Uni Leipzig und Leiterin der Studie. „Der wirkt erstmal positiv, motivierend. Aber er kann auch Angst erzeugen, nämlich die Angst davor, nicht perfekt zu sein. Und die treibt viele Profi-Fußballer um, gepaart mit der Angst vor der Bewertung durch andere, der sogenannten sozialen Angst. Diese Zusammenhänge hat unsere Studie deutlich aufgezeigt.“

Quelle: Jensen, S. N., Ivarsson, A., Fallby, J., Dankers, S., & Elbe, A.-M. (2018). Depression in Danish and Swedish elite football players and its relation to perfectionism and anxiety. Psychology of Sport & Exercise, 36, 147–155. doi:10.1016/j.psychsport.2018.02.008

DOI: 10.1016/j.psychsport.2018.02.008.


Aktuelle Studie vergleicht depressive Symptome bei Spitzensportlern und Nicht-Athleten

In einer Meta-Analyse von Gorczynski, Coyle und Gibson wurde untersucht, ob sich Spitzensportlern und Nicht-Athleten im Hinblick auf milde oder stärkere depressive Symptome unterscheiden. Dazu konnten fünf Studien in die Analyse eingeschlossen und Daten von insgesamt 1545 Spitzensportlern und 1811 Nicht-Athleten ausgewertet werden.  Die Daten wurden mit vier validierten Verfahren erhoben, nicht-englischsprachige Artikel wurden aus der Analyse ausgeschlossen.

Es zeigte sich, dass Spitzensportler nicht weniger unter depressiven Verstimmungen leiden als Nicht-Athleten. Die Studie fand keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Allerdings können in beiden Untersuchungsgruppen geschlechtsspezifische Unterschiede gefunden werden: Spitzensportlerinnen als auch Nicht-Athletinnen leiden häufiger unter depressiven Verstimmungen oder Depression als ihr männliches Pendant. Spitzensportlerinnen haben sogar eine um 52% höhere Prävalenz für depressive Symptome als Spitzensportler. Die Gründe dafür hängen vermutlich mit den unterschiedlichen sozialen und psychologischen Strukturen zusammen. Durch die immer noch negative Stigmatisierung von Depression in der allgemeinen Bevölkerung suchen vor allem Spitzensportler nur ungerne Hilfe bei Sportpsychologen oder Psychotherapeuten. Man mag spekulieren, dass Spitzensportler allgemein als ‚mental stark‘ wahrgenommen werden und dieses Bild auch nach außen hin verkörpern wollen.

Die meisten der analysierten Studien untersuchten allerdings Spitzensportstudenten und studierende Nicht-Athleten. Dabei zeigte sich, dass Studierende allgemein eine höhere Prävalenz zu Depression und depressiver Verstimmung aufweisen als die normale Bevölkerung, was die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse einschränken kann. Zu Verzerrungen könnte auch die auf Selbstauskünften basierende, nicht klinische Beurteilung der Befragten beitragen, welche die Basis aller ausgewerteten Studien bildete.

Einmal mehr zeigt sich auch hier die Problematik, dass psychische Erkrankungen im Vergleich zu körperlichen Erkrankungen oder Verletzungen als negativ stigmatisiert empfunden werden, was wiederum viele Menschen – und vor allem Sportler – davon abhält, sich die notwendige Hilfe zu suchen. Die Autoren empfehlen auch die genauere Untersuchung der Ursachen, wie etwa die Zusammenhänge von demografischen Unterschieden, physischer Gesundheit, mentaler Gesundheit und soziokulturellen Elementen. Zudem weisen sie auf die Dringlichkeit hin, passende Strategien zu entwickeln, um Sportler und vor allem Sportlerinnen besser unterstützen zu können.

Quelle: Gorczynski, P. F., Coyle, M., & Gibson, K. (2017). Depressive symptoms in high-performance athletes and non-athletes: A comparative meta-analysis. British Journal of Sports Medicine. (0), 1–8. https://doi.org/10.1136/bjsports-2016-096455

Die komplette Studie finden Sie unter diesem Link.


Studie zu Depressionen von weiblichen Profi-Fußballerinnen

Die Studie „Symptoms and risk factors of depression during and after the football career of elite female players” aus dem Jahr 2016 von Birgit Prinz, Jirí Dvorák und Astrid Junge beschreibt, dass die generelle Aufmerksamkeit für die mentale Gesundheit von Leistungssportlern/innen gestiegen ist, es jedoch keine Studie gibt, die Prävalenzen zu Depressionen in der Zeit der Karriere untersucht und nur wenige, die Risikofaktoren für psychische Probleme während und nach der aktiven Spielzeit analysieren. Um diese Forschungslücke zu schließen wurden insgesamt 157 weibliche Fußballerinnen aus der ersten Liga in einer anonymen Online-Umfrage befragt. Inhaltlich ging es dabei um Details der Fußballkarriere, stressige und unterstützende Bedingungen, Depression im Allgemeinen und das Bedürfnis nach psychotherapeutischer Hilfe während und nach der Fußballkarriere.

Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • 50 Fußballerinnen (32,3%) zeigten während der aktiven Karriere Anzeichen für eine schwere und 39 (25,2%) für eine leichte Depression
  • Es gab signifikante Unterschiede der Durchschnittswerte der Depressionsskalen bezüglich des Spiellevels und der Spielposition
  • Gründe für schlechte Stimmung waren bei knapp der Hälfte der Spielerinnen Konflikte mit dem Trainer/Management, gefolgt von schlechter Leistung und Verletzung, psychischer Belastung/Stress und zu wenig Unterstützung des Trainers
  • Während der Karriere wünschten sich 40% der Spielerinnen psychologische Hilfe, aber nur 10% bekamen sie. Nach der Karriere benötigten 24% psychologische Unterstützung, von denen 90% eine derartige Hilfe erhielten

Die Resultate zeigen, dass eine Kombination aus einer hohen Prävalenz von Depressionssymptomen bei gleichzeitig geringer Nutzung von psychotherapeutischer Hilfe zu verzeichnen war. Diese Tatsache macht die Notwendigkeit einer Entstigmatisierung von mentalen Problemen im Profifußball deutlich. Hilfe muss effektiver werden und Barrieren, um diese aufzusuchen, müssen reduziert werden. Außerdem fordern die Autoren Trainer, Ärzte, Physiotherapeuten und Manager weiterzubilden, um psychische Probleme der Spieler und Spielerinnen frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.

Quelle: Prinz, B., Dvorak, J. & Junge, A. (2016). Symptoms and risk factors of depression during and after the football career of elite female players. BMJ Open Sport & Exercise Medicine, 1–6. unter 2:e000124.

Die komplette Studie finden Sie unter diesem Link.


Studie zur Prävalenz von Depression und Angst bei männlichen und weiblichen Profifußballern aus der Schweiz

Trotz einiger prominenter Fälle von Depression im Profifußball wurde bislang keine umfassende Untersuchung bezüglich Häufigkeit und Prävalenz vorgelegt; wissenschaftliche Studien sind noch immer rar, teilweise widersprüchlich oder mit geringer Rücklaufquote zu wenig aussagekräftig. Fraglich ist, ob die mit einem Leben für den Profisport verbundenen Umstände, also höchste Fitness, privilegierte finanzielle Stellung und Unterstützung von Team und Fangemeinschaft eher vor psychischen Krankheiten schützen, oder Menschen mit einer Disposition für psychische Erkrankungen in der Regel keine Hochleistungssportler werden. Die meisten Studien zur psychischen Gesundheit von Leistungssportlern untersuchen Depression, allerdings wurden auch andere Störungen wie Alkoholismus und Essstörungen betrachtet.

Die Zielsetzung der Studie von Junge und Feddermann-Demont bestand darin, Depression und Angst in einer repräsentativen Gruppe männlicher und weiblicher Hochleistungssportler zu untersuchen. Die Prävalenz für Depression und Angst für alle Spieler der Schweizer Super League wurde erhoben und mit den Ergebnissen für die gesamte Schweizer Bevölkerung verglichen, außerdem wurden Effekte von Persönlichkeitsmerkmalen und Traits in Bezug auf Depression und Angst analysiert. Bis auf eine Mannschaft der ersten Liga der Herren haben alle Fußballteams der höchsten Schweizer Spielklassen partizipiert (N=471). Während sich in der Gesamtstichprobe die Prävalenz für Depression nicht von jener der Gesamtbevölkerung unterschied, scorte aber die Gruppe der U-21 Spieler der Herren im Durchschnitt höher als die Gesamtbevölkerung und wies eine höhere Prävalenz für Depression auf. Mit 6 Athleten (1,4% aller Spieler), bei denen wenigstens eine mittelgradige Angststörung nachgewiesen werden konnte, ist die Prävalenz für Angststörungen signifikant niedriger als jene der Gesamtbevölkerung.

Schließlich zeigten sich signifikante Unterschiede bei der Prävalenz von Depression und Angststörungen unter Betrachtung individueller Aspekte wie Alter, Geschlecht, Spielstärke und Verletzungen. So wiesen verletzte Fußballer in der Gesamtbetrachtung eine signifikant höhere Prävalenz für Depression auf als unversehrte. Die männlichen Profifußballer zeigten hinsichtlich Angststörungen signifikant niedrigere Werte als die der männlichen U-21 Spieler und weiblichen Teilnehmer, deren durchschnittliche Werte denen der Gesamtbevölkerung entsprachen. Außerdem variierten die Werte für Angststörungen abhängig von der Spielposition und dem Spielniveau. So zeigen sich über alle untersuchten Gruppen hinweg höhere Werte für Angststörungen bei Spielern, die mehr als eine Position bedienen, als nicht fest als z. B Mittelfeldspieler gesetzt sind. Des Weiteren sind Scores für Angststörungen bei Athleten mit internationaler Wettkampferfahrung, mehr als neun internationale Matches, über die Gruppen hinweg niedriger. Besonders deutlich ist dies bei der Gruppe der U-21 Herren. Wie auch in Bezug auf Depression hatten verletzte Spieler eine höhere Prävalenz für Angststörungen als unversehrte.

Quelle: Junge, A., & Feddermann-Demont, N. (2016). Prevalence of depression and anxiety in top-level male and female football players. BMJ Open Sport & Exercise Medicine(2): e000087, doi: 10.1136/bmjsem-2015-000087


Neue Überblicks-Studie zur psychischen Gesundheit bei Leistungssportler_innen

Die Studie “The Mental Health of Elite Athletes: A Narrative Systematic Review“ von Simon M. Rice et al., die im Februar 2016 veröffentlicht wurde, befasst sich mit dem Thema psychische Gesundheit und allgemeines psychisches Wohlbefinden bei Leistungssportler_innen. Der Artikel beinhaltet einen systematischen Überblick über 60 durch standardisiertes Extrahieren ausgewählte Studien, welche sich, grob eingeteilt, mit dem Zusammenhang von Leistungssport und Missbrauch psychoaktiver Substanzen, Essstörungen, der Prävalenzrate für psychische Störungen und Erkrankungen bei Leistungssportler_innen befassen.

Insgesamt stützen sich die Befunde damit auf eine Stichprobe von über 10.000 Athlet_innen, bei denen es sich bei einem Großteil um Leistungssportler_innen handelt. Dabei stammen die Athlet_innen aus verschiedensten Bereichen des Einzel- sowie Mannschaftssports (z.B. Tennis, Schwimmen, Wrestling, Rugby, Football und Fußball)

Die Ergebnisse dieses systematischen Reviews können folgendermaßen zusammengefasst werden:

  • Generell erleben Leistungssportler_innen eine Bandbreite an Stressoren, die potentiell die Anfälligkeit für psychische Erkrankungen begünstigen könnten. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf den psychologischen Einfluss von Schlüsselfaktoren wie Verletzungen, exzessives Training/ Übertraining und Burnout sowie das Managen von Leistungsdruck und kompetitiver Druck gelegt.
  • Alles in allem kann die Prävalenzrate für psychische Erkrankungen (Depression, Angst und Beklemmungen) bei Leistungssportler_innen mit der Prävalenzrate in der Allgemeinbevölkerung verglichen werden.
  • Es besteht allerdings eine höhere Vulnerabilität für Erkrankungen wie Essstörungen, besonders wenn die Athlet_innen eine Sportart praktizieren, in welcher ein besonderes Körperbild gefordert wird. Zudem sind Athletinnen öfter von Essstörungen betroffen.
  • Der Missbrauch von psychoaktiven Substanzen kann aufgrund eines Mangels an reliablen Studien nicht eindeutig herausgestellt werden, allerdings kann bei Leistungssportler_innen ein erhöhter Alkoholkonsum festgestellt werden; dies lässt sich jedoch durch ein sog. „Binge-Muster“, d.h. durch extremen Konsum in nicht-kompetitiven/ Urlaubsperioden, erklären und somit relativieren. Bei Befragungen bezüglich des Konsums illegaler Droge wurde eine sehr niedrige Missbrauchsrate berichtet (nur ca. 8%), was sich möglicherweise auf die strengen und häufigen Drogenkontrollen zurückführen lässt.
  • Besonders verletzte Athlet_innen, solche, die ihre (leistungs-)sportliche Karriere beenden, und Sportler_innen, die gegenwärtig Probleme beim Ausführen ihrer Leistung haben, sind anfällig für psychische Störungen.
  • Einen Risikofaktor für psychische Erkrankungen stellt in besonderem Ausmaß eine zu niedrige soziale Unterstützung dar, was an dieser Stelle die Dringlichkeit von formalen und informalen Netzwerken zur Unterstützung von Leistungssportler_innen verdeutlicht.

Die Ergebnisse der Studie betonen besonders folgende Aspekte:
1. Es besteht weiterhin ein besonderer Bedarf an qualitativ hochwertigen, systematischen, methodologisch korrekten Studien zum Thema Leistungssport und psychischer Gesundheit.
2. Neben den Modellen, die sich auf die psychische Gesundheit konzentrieren, müssen auch Modelle entworfen werden, die sich auf die Behandlung von bereits bestehenden, verfestigten Störungsbildern bei Leitungssportler_innen konzentrieren. Modelle sollten bereits präventiv angewendet werden, um mithilfe von frühen Interventionsmaßnahmen die psychische Gesundheit von Leistungssportler_innen zu bewahren. Die Zusammenarbeit von Fachleuten sollte dabei über die Grenzen der einzelnen Disziplinen hinausgehen und interdisziplinär stattfinden.

Quelle: Rice, S. M., Purcell, R., Silva, S. de, Mawren, D., McGorry, P. D., & Parker, A. G. (2016). The mental health of elite athletes: A narrative systematic review. Sports Medicine, 1–21. doi:10.1007/s40279-016-0492-2


Drop-Out im Fußball als Folge mangelhafter Bedürfnisbefriedigung

Fußball ist europaweit die beliebteste sportliche Aktivität bei Jugendlichen  und kann neben den positiven Einwirkungen auf die physische Gesundheit eine psychische Pufferfunktion für die jungen Heranwachsenden einnehmen. Trotzdem kommt es in dieser Lebensspanne vermehrt zu Drop-Out Verhalten, weil beispielsweise der soziale Kontakt im Freundeskreis bevorzugt wird. In einer Querschnittsstudie haben Quested und Kollegen die Motivation für Drop-Out Verhalten im Breitensport von jugendlichen Fußballspielern aus fünf europäischen Ländern untersucht und miteinander verglichen, um zu prüfen, ob die Qualität der sozialen Beziehung zwischen Athlet und Trainer länderübergreifend als grundlegender Faktor für Drop-Out Verhalten angenommen werden kann. Unabhängig von der allgemeinen Fußballstruktur in den untersuchten Ländern ist demnach ein vom Trainer bereitgestelltes soziales und autonomieförderndes Trainingsklima, wodurch die psychischen Bedürfnisse der Sportler, wie zum Beispiel die Selbstbestimmung, befriedigt werden können, entscheidend für langfristige Sportpartizipation.

Quelle: Quested, E. et al. (2013). Intentions to drop-out of youth soccer: A test of the basic needs theory among European youth from five countries. International Journal of Sport and Exercise Psychology, 11(3), 395-407.


Depression im Leistungssport: Prävalenz und Risikofaktoren

Depression im Leistungssport ist ein heutzutage immer relevanteres Thema, das gerade durch Suizidfälle von prominenten Sportlern und Sportlerinnen in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerät. Durch eben solche Fälle gerät der naive Glaube vom unverwundbaren, nicht depressiven Sportlern ins Wanken. Wie ist es aber tatsächlich um den Zusammenhang zwischen Leistungssport und Depression bestellt?

Aktuelle Zahlen schätzen, dass ca. 6,7% aller erwachsenen Menschen innerhalb der letzten 12 Monate unter einer Depression litten. Gerade der Anteil bei jungen Erwachsenen wird sogar noch höher eingeschätzt. Insbesondere in diesem Altersbereich gibt es eine sehr große Zahl junger Athleten, von denen demnach mehrere Tausend depressiv sein müssten. Zahlreiche Studien haben in diesem Bereich mögliche Zusammenhänge untersucht und keine Belege dafür finden können, dass Leistungssport vor Depression schützt. Einige Faktoren wie Verletzungen, das ungeplante, vorzeitige Karriereende oder Leistungsdruck können die Zahlen sogar noch erhöhen. Gleichwohl gibt es auch Faktoren die eine protektive Funktionsweise haben wie Teamunterstützung oder das soziale Netzwerk innerhalb der Sportart.

Quelle: Wolanin, A., Gross, M., & Hong, E. (2015). Depression in Athletes: Prevalence and Risk Factors. Current sports medicine reports, 14(1), 56-60.


Fehlende Nachhaltigkeit in der psychologischen Betreuung von Fußballprofis

Der Schutz, die Förderung, Kontrolle und Aufrechterhaltung des physischen, mentalen und sozialen Wohlbefindens auch lang nach dem Rückzug aus dem Beruf wurde 2009 von der Weltgesundheitsorganisation als ein fundamentales Menschenrecht erklärt. Im Geschäft des professionellen Fußballs findet man Untersuchungen der Arbeitsgruppe um Vincent Gouttebarge zufolge jedoch ein deutlich anderes Bild vor. Im Spannungsfeld zwischen verschiedensten Interessengruppen, die größtenteils auf Profit abzielen, spielt die Erhaltung des physischen und psychischen Wohlbefindens der Spieler -vor allem nach deren Karriereende- eine äußerst untergeordnete Rolle. Als zentrales Ergebnis einer Interviewbefragung aktiver und ehemaliger Fußballprofis ging hervor, dass bereits während der aktiven Profikarriere die mentale und soziale Unterstützung aus Sicht der Spieler als unzureichend beurteilt wurde. Nach Beendigung der Karriere war Unterstützung dieser Art, sowie medizinische Betreuung, häufig  gar nicht mehr zugänglich. Daraus abgeleitet ergibt sich die Notwendigkeit einer umfassenden physischen und psychologischen Betreuung der Profispieler über deren aktive Profizeit hinaus.

Quelle: Gouttebarge, V., & Aoki, H. (2014). Lifespan perspective of professional Footballers´ Health. Asian Journal of Sports Medicine, 5(4).


Trainerstil beeinflusst Wohlbefinden von jugendlichen Fußballern

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich Sportpartizipation positiv auf das psychische Wohlbefinden auswirkt. In einigen Fällen ist das Sporttreiben jedoch mit höchster körperlicher Anstrengung und großem psychischen Druck verbunden, was von manchen Athleten nicht bewältigt werden kann und zu negativen Konsequenzen führt. Die Bedeutung des Coachingstils und dessen Auswirkung auf die Motivation und das Wohlbefinden von Athleten haben Balaguer und Mitarbeiter in einer aktuellen Studie untersucht. In einer Längsschnittstudie mit jugendlichen Fußballspielern erhoben sie zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten innerhalb der Saison die Wahrnehmung des Trainerführungsstils und das aktuelle Wohlbefinden der Spieler. Besonders die Verwendung von Strategien zur Autonomieförderung und die damit verbundene Schaffung eines günstigeren motivationalen Klimas haben einen maßgeblichen Einfluss auf das Wohlbefinden der Athleten. Wird der Coachingstil als sehr kontrollierend wahrgenommen, zeigen die Athleten auch häufig mangelnde psychische Bedürfnisbefriedigung und ein erhöhtes Burnoutrisiko. Weitere Ergebnisse finden Sie im vollständigen Artikel unter diesem Link.

Quelle: Balaguer, I., Gonzalez, L., Fabra, P., Castillo, I., Merce, J., & Duda, J. L. (2012). Coaches‘ interpersonal style, basic psychological needs and the well- and ill-being of young soccer players: A longitudinal analysis. Journal of Sports Sciences, 30(15), 1619–1629.


Erschöpfungsrisiko bei Trainern

Trainer mit besonders großer Unterstützung durch Familie und Freunde weisen niedrigere Werte emotionaler Erschöpfung auf als Trainer mit einem schwachen sozialen Umfeld. Darüberhinaus zeigt eine aktuelle Studie von Altfeld und Kellmann mit 158 deutschen Vollzeittrainern, dass Sportart, Leistungsniveau und Geschlecht der Athleten sowie die Position als Chef- oder Assistenztrainer keinen signifikanten Einfluss auf das Wohlbefinden haben. Hoher emotionaler Stress und ein geringes Wohlbefinden liegen meist dann vor, wenn kein weiterer Coachingjob vorhanden ist und somit die Sicherheit einer alternativen Arbeitsmöglichkeit fehlt. Besonders auffällig ist außerdem, dass sich 76% der Trainer in der Gruppe mit den höchsten Werten emotionaler Erschöpfung zum Zeitpunkt der Erhebung erst in der Vorbereitung oder am Anfang der Saison befanden. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass starke emotionale Erschöpfung sehr eng mit geringer Erholungszeit verbunden ist. Eine ausreichende Regeneration sowie das Erlernen individueller Strategien zur Prävention von Stress und Erschöpfung sind daher von besonderer Bedeutung.

Altfeld, S. & Kellmann, M. (angenommen). Are German Coaches Highly Exhausted? A Study of Differences in Personal and Environmental Factors. International Journal of Sports Science & Coaching.


Ehemalige Fußballprofis häufiger von psychischen Erkrankungen betroffen

Zu diesem Ergebnis kommt eine kürzlich veröffentlichte Studie der World’s Football Association FIFPro, die das Ausmaß psychischer Erkrankungen im Profifußball offenlegt. An der Umfrage beteiligten sich über 300 aktive und ehemalige Spieler aus 6 nationalen Verbänden. Während 26% der aktiven Fußballer berichteten, unter Angstzuständen und Depressionen zu leiden, lag die Zahl bei den ehemaligen Profis bei etwa 39%. Hinzu kommt eine erhöhte Prävalenz in den Bereichen des übermäßigen Alkoholkonsums und negativer Essgewohnheiten. Doch auch die von aktiven Fußballern erzielten Werte liegen über denen vergleichbarer Kontrollgruppen.
Besonders der Wechsel in ein Leben nach der Fußballkarriere scheint dabei von entscheidender Bedeutung zu sein. Nach dem Ausscheiden aus dem gewohnten Trainingsalltag kommt es häufig zu einem Strukturverlust und verminderter sozialer Unterstützung. In dieser Phase ist die Anfälligkeit für psychische Erkrankungen deutlich gesteigert. Um solche Probleme zu vermeiden, sollte die Vorbereitung auf ein „Leben nach dem Sport“ schon zu einem frühen Zeitpunkt in der Karriereplanung berücksichtigt werden.

Die komplette Studie finden Sie unter diesem Link.


Elfmeter-Psychologie

Ein sportwissenschaftliches und –psychologisches Team um Prof. Dr. Daniel Memmert von der DSHS Köln fasst die Erkenntnisse der Elfmeterforschung zusammen und zeigt verschiedene psychologische Faktoren und Prozesse auf, die die Wahrscheinlichkeit eines Treffers beeinflussen. Sowohl der Schütze als auch der Torwart können durch eine selbstbewusste Körpersprache und das zugehörige Auftreten, wie zum Beispiel ein offensichtlicher und euphorischer Torjubel, den Gegner einschüchtern, und somit die Trefferwahrscheinlichkeit verringern bzw. erhöhen. Zudem haben Linksfüße meistens einen Vorteil, da die Torhüter weniger Erfahrung mit diesen haben. Ebenso beeinflussen die Zurufe der Zuschauer und Fans die Wahrscheinlichkeit eines Tores, da sie den Spieler entweder zu stark unter Druck setzen oder durch negativ formulierte Sätze seine Leistung vermindern.

Quelle: Memmert, D., Hütter, S., Hagemann, N., Loffing, F. & Strauß, B. (2013). Dueling in the penalty box: evidence-based recommendations on how shooters and goalkeepers can win penalty shootouts in soccer. International Review of Sport and Exercise Psychology, 6 (1), 209–229.


Trainerberuf – Da-Sein für den Sport

Eine starke Bindung an die eigene Arbeit ist besonders im Trainerberuf häufig zu finden. Meistens wirkt dies, da die Tätigkeit als besonders bedeutsam und sinnstiftend erlebt wird, positiv auf Persönlichkeit und psychische Gesundheit. Ein hohes Maß an Jobidentifikation erhöht aber auch das Burnoutrisiko, wenn die basalen psychischen Bedürfnisse nach Kompetenz, Eingebundenheit und Autonomie in dieser Tätigkeit längerfristig nicht ausreichend erfüllt werden. Das Entstehen von Burnout hängt jedoch besonders davon ab, ob die Trainer eine fehlende Bedürfnisbefriedigung durch Aktivitäten außerhalb des Jobs kompensieren können und wie Stress und Zeitdruck subjektiv wahrgenommen werden. Kleinert & Sulprizio unterscheiden in ihrer Studie zur Bedürfnisbefriedigung und zum Stresserleben von 69 deutschen Spitzentrainern drei typische Trainergruppen: Glückliche(42%), Glücklichgestresste(31%) und Gestresste(27%). Belastende Faktoren wie Zeitdruck oder ein hohes Arbeitspensum können ihre schädigende Wirkung nur wenig entfalten, solange die Bedürfnisse durch die Trainertätigkeit in starkem Ausmaß befriedigt sind. Grundsätzlich besitzt der Trainerberuf ein deutlich stärkeres Potenzial für Glückseligkeit als für Burnout, dennoch trägt jeder zehnte der befragten Trainer ein Risiko für eine affektive (psychische) Erkrankung.

Weitere Informationen:

Kleinert, J. & Sulprizio, M. (2014). Da-Sein für den Sport. Der Trainerberuf zwischen Burnout und Glückseligkeit. Leistungssport (1), 5–10.


Obsessive Leidenschaft bei Sportlern erhöht die Gefahr für Burnout

Leidenschaft gilt grundsätzlich als wichtiger Antrieb für die Motivation eines Sportlers. Besonders im Leistungsbereich ist sie für Spitzenleistungen häufig unabdingbar. Allerdings kennt Leidenschaft verschiedene Ausprägungen.
Die sogenannte harmonische Leidenschaft lässt neben dem Sport als Beruf stets Spielraum für andere Aktivitäten, in denen sich der Athlet ausleben kann. Bei der obsessiven Leidenschaft hingegen verliert der Sportler zunehmend die Kontrolle, es fällt ihm ungewollt schwer, vom Sport loszulassen. Dadurch rücken andere Lebensbereiche immer weiter in den Hintergrund.
Wie eine aktuelle Studie belegt, sind derartig veranlagte Sportler einer deutlich höheren Gefahr ausgesetzt, ein Burnout zu erleiden. Trainer werden angehalten, auf Warnsignale zu achten und besonders die Gefahr eines möglichen Übertrainings im Auge zu behalten.

Weitere Informationen dazu finden Sie unter:

Gustafsson,H., Hassmén, P., & Hassmén, N. (2011). Are athletes burning out with passion? European Journal of Sport Science, 2011, 11(6), 387-395.


Männer erkranken genauso häufig an Depressionen wie Frauen

Eine Studie von Forschern der Universität Michigan hat die bisherige Annahme infrage gestellt, dass Frauen anfälliger seien für Depressionen als Männer. Den Ergebnissen nach zu urteilen unterscheiden sich vielmehr die Symptome zwischen den Geschlechtern. Bei Männern treten neben den klassischen Anzeichen wie Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, Trauer und Weinen im höheren Maße auch Aggressionen und erhöhte Risikobereitschaft auf.
Diese typisch maskulinen Symptome werden bis dato in vielen Diagnoseverfahren nur unzureichend berücksichtigt, was die verminderte Anzahl an männlichen Depressiven erklären könnte.

Weitere Informationen dazu finden Sie unter:

Martin, L. A., Neighbors, H. W., & Griffith, D. M. (2013). The experience of symptoms of depression in men vs women: Analysis of the National Comorbidity Survey Replication. JAMA: Journal of the American Medical Association, 70, 1100–1106.


Ist Leistungssport Überkompensation?

Die Individualpsychologie sieht den Menschen als unteilbare Einheit und geht von einem ganzheitlichen Verständnis der bewussten und unbewussten Handlungs- und Erlebniswelten aus. Hervorgehend aus der Psychoanalyse nach Freud ist die Individualpsychologie heute ein wichtiger Teil der psychoanalytisch fundierten Praxis. Auf dieser Grundlage beschäftigt sich der Diplompsychologe Dr. Michael Krug mit dem Leistungssport aus individualpsychologischer Perspektive. Leistung kann im individualpsychologischen Sinne als Kompensation von Mangellagen, Notlagen und Minderwertigkeitsgefühlen verstanden werden. Eine pathologische Kompensation entsteht, wenn der Sportler versucht eine seelische Notlage durch den Leistungssport zu kompensieren. Wenn er sich beispielsweise immer höhere Ziele setzt, die als lebensbestimmende Aufgabe verfolgt werden. Überkompensation führt dann zu einem ungesundem Suchtverhalten für die Erfüllung der überhöhten Ziele, deren Erreichung meist nicht realistisch ist.

Weitere Informationen dazu und Überlegungen für die therapeutische Praxis finden Sie unter:

Krug, M. (2013). Psychische Erkrankungen im Leistungssport: Ist Leistungssport prinzipiell Überkompensation? Psychoanalyse & Körper, 12(23), 29–40.


Prävalenz von Depression unter Leistungssportlern

In einer aktuellen Studie haben sich kanadische Wissenschaftler mit der Prävalenz von Depression unter Leistungssportler beschäftigt. Aus den Ergebnissen ihrer Untersuchung mit 50 Schwimmerinnen und Schwimmer auf internationalem Niveau lässt sich vermuten, dass die Prävalenz doch höher sein könnte, als bisher angenommen. Dabei zeigte sich speziell ein signifikanter Zusammenhang von depressiven Symptomen und einer schlechten Leistung im Wettkampf. Auch daher merken die Autoren an, dass die psychische Gesundheit der Athleten durch geeignetes Screening, Monitoring und sinnvolle Interventionen durch das Trainerteam oder die Sportpsychologen unterstützt wird.

Weitere Informationen:
Hammond, T., Gialloreto, C., Kubas, H., & Davis, H. (2013). The Prevalence of Failure-Based Depression Among Elite Athletes. Clinical Journal of Sport Medicine, 23(4), 273–277.


Wohlbefinden bei Breiten- und Leistungssportlern

Noch immer ist die Anzahl der aussagekräftigen Studien über die Prävalenz von Depression im Leistungssport gering. Doch auch der Breitensport findet unter diesem Aspekt kaum eine Beachtung. Unter anderem fehlen in diesem Kontext erprobte Messverfahren und Screeningmethoden. In einer Studie von A. Spengler, G. Schneider und EP. Schröder wurde der WHO-5-Fragebogen zum Wohlbefinden bei Breiten- und Leistungssportler angewandt, um die subjektive Lebensqualität der Aktiven zu erfassen. Hiermit konnten einige interessante Ergebnisse aufgezeigt werden. Zum Beispiel ging unspezifisches Stresserleben, Trainingspause und hoher Trainingsumfang mit schlechteren Werten einher. Zudem konnte bilanziert werden, dass der WHO-5 praxistauglich ist und gut akzeptiert wurde. Dies ist ein wichtiger Hinweis auf den Umgang von Screening der psychischen Gesundheit im Sport – auch für MentalGestärkt.

Weitere Informationen:
Spengler, A., Schneider, G., & Schröder, E. (2013). Depressivität – Screening und Vorkommen in der sportmedizinischen Praxis. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 64(2), 65–68.


Psychische Gesundheit im Leistungssport

Die Anzahl psychischer Erkrankungen in der Gesellschaft ist seit einigen Jahren steigend. Die Wahrscheinlichkeit einmal im Leben an einer Depression zu erkranken liegt bei 15% bis 20%. Im Kontext des Leistungssports wird in der Literatur die Prävalenz kontrovers diskutiert. Neueste Studien lassen jedoch eine höhere Prozentzahl an Erkrankungen unter Leistungssportlern vermuten. Die in diesem Jahr veröffentlichte Studie von Hammond et al. spiegelt diese Vermutung wieder und betrachtet Depression in einen Zusammenhang mit Scheitern und Misserfolg.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Prävalenz für Depression unter Leistungssportler doch höher sein könnte, als bisher angenommen wird. Dieses Thema ist umso relevanter, je erfolgreicher man in seinem Sport ist. Psychische Gesundheit im Leistungssport bleibt wichtig und erfordert spezielle Maßnahmen und Hilfen für die Sportler.

Weitere Informationen zur Studie finden Sie hier…


Systemische Beratung in der Sportpsychologie

Die Betreuung und Beratung von Athletinnen und Athleten nimmt in der Praxis der Sportpsychologie eine wichtige Rolle ein. Wie eine solche Beratung im Themenfeld des Sportes aussehen kann und welche Potentiale und Möglichkeiten, aber auch Probleme und Grenzen auftreten, beschreiben die beiden Autoren in ihrem Beitrag. Systemische Beratung im Rahmen der sportpsychologischen Betreuung kann als Ergänzung für die Fachberatung hilfreich sein. Im besten Falle ergänzen sich beide Vorgehen in der Beratung der Sportlerinnen und Sportler.

Liesenfeld, M. & Beckmann-Waldenmayer, D. (2012). Systemische Beratung in der Sportpsychologie – Grenzen und Möglichkeiten. In D. Beckmann-Waldenmayer & J. Beckmann. Handbuch sportpsychologischer Praxis. Mentales Training in den olympischen Sportarten. S. 60 -70. Balingen: Spitta.

(Weitere Informationen hierzu finden Sie auch in unserem aktuellem BestPractice-Beispiel.)


Mentale Stärke im Fußball

Mental starke Spieler können in einem Fußballspiel das ausschlaggebende Moment für das erfolgreiche Abschneiden einer Mannschaft sein. Doch wie lässt sich mentale Stärke im Fußball erfassen? Basierend auf dem Fragebogen TOPS-D2, der sportartunspezifisch psychologische Techniken und Fertigkeiten, die Athleten in Training und Wettkampf anwenden, ¬erfasst, wurde der TOPS-F entwickelt. Die psychometrische Qualität dieser fußballspezifischen Adaptation wurde anhand der Daten von 102 Nachwuchs- und Profispielern überprüft, die im nationalen Spitzenbereich spielten.

Jokuschies, N., Weidig, T., Röthlin, P. & Birrer, D. (2012). Mentale Stärke im Fußball. Leistungssport, 42 (5), 15-19